29 Oktober 2006

Der 32. Stralauer Spieltag am 28.10.2006


Auf Stralaus Höhen fanden drei ganz u. gar unterschiedliche Matches bei hohem spielerischen Einsatz statt: Die Legende lebt

Es wäre wirklich mal an der Zeit, die ausgebufften und eingespielten Stralauer Tractoristi auf dem Halbfeld in Aktion gegen einen durchschnittlichen Landesligisten zu bewundern (bei 7 gg. 7 SpielerInnen). Kom(ver)pe(te)nnte Auguren künden davon, dass Tractor 1266 Stralau e. V. möglicherweise um den Aufstieg in die NOFV-Oberliga locker mitspielen könnte. Freilich ganz ohne Trainer: Obschon Dr. phil. Ippo St. auf dem Platze immer herumposauniert, dass es eine wahre Freude ist, hat er doch seine Coarchingfähigkeiten bislang nur rhetorisch unter Beweis stellen können. Womöglich muss sich jetzt Hanns Mayr doch endlich von den Nürnberger Teppichgroßhändlern loskaufen, und den Weg seiner Bestimmung gehen, sprich: Die Karriere in einer reetdachgeschützten Stralauer Fischerkate langsam ausklingen lassen, wie es ja auf der Halbinsel eine ganze Reihe von Erzgeronten nun schon seit Jahren ganz langsam angehen lassen dabei: Mit dem Ausklingen und Auslaufen. Trotz solcher langgehegten Pläne gab es an diesem denkwürdigen Spieltage eine stolze Anzahl von Comebacks zu feiern in den dichten Reihen der so überaus spielstarken Tractoristi: Der Admiralius zur Rummelsburger See kam heimgesegelt in seine Arena, spielte locker durch und schlug eine unübersehbare Phalanx an vortrefflich spielöffnenden, wenn nicht entscheidenden Pässen, die den Gegner ein's um's andere Mal bedenklich blass aussehen ließen, trotz der bunten Trikotagen. Nach den üblichen 150-180 Spielminuten humpelte Co-Geront Schmaudolino zwar recht trübselig die Seitenlinie entlang, die er zuvor gefühlte 25 KM lang locker rauf und runter gewieselt war; auch wurde er sofort wieder in's Spielgeschehen integriert von den überaus sozialen Tractoristi, die es dem wandelnden Fossil erlaubten, zu seinem Comeback nicht nur erstaunliche fünf Treffer zu erzielen, sondern auch noch einen freiwilligen und einen unfreiwilligen Assistpunkt einzuheimsen, aber auch ihm gelang es trotz unübersehbaren konditionellen Defiziten irgendwie den Abpfiff mitzuerleben. Sven, einer der zahllosen Kumpane von Niels T., feierte ein sehenswertes Comeback auf dem zentralen Posten in der Abwehr von Team Weiß, und auch Niels selber konnte bei vielen trefflichen Aktionen, Soliläufen und genialen Abspielen bewundert werden. Trotz eigenem Bekunden, er habe seine unterirdische Leistung in bester Position befindlich durch eine Torverhinderungsaktion gegen den unermüdlich die gegnerische Hälfte beackernden Don Klosiensis gekrönt, der doch in seiner Mannschaft spielte, muss ihm von allen verschiedenen ExpertInnenfraktionen ein überaus gelungener Wiedereinstand bescheinigt werden, so keckern es selbst die überaus kritischen Elstern von den umliegenden Dächern der wieder bis unter die Balken mit ZuschauerInnen vollgepropften Charlotta-Murcks-Arena, die erwartungsvoll auf das Geschehen inmitten des vorzüglichen, ja gar heiligen Kunstrasens herabspähten und voll auf ihre Kosten kamen. Thies Schulz(e), gelernter Mittelstürmer von Preußen Münster, war einmal wieder zu Gast, vielleicht kehrt er aber doch zurück zu den Stralauer Tractoristi, wir wissen es wie immer nicht ganz genau, überzeugte durch eine ganze Anzahl von sehenswerten Torschussaktionen, die selbst Gerd Müller oder einem so gewieften Knipser wie Monsignore Lakaay aus den Weiten der oberbajuwarischen Tiefebene die Schamesröte in's käsköpfige Antlitz getrieben hätte, bei der Abgeklärtheit und spielerischen Ökonomie, die der heimgekehrte Herr Schulz den versammelten Fußballgranden im Nichtbezahl-Fußball feilzubieten hatte. Nähere Einzelheiten zum Verlauf der Spiele-Ereignisse finden sich wie immer auch bei den überaus kompetenten Kollegen von http://bunte-truemmer.blogspot.com.
Doch nun zum Spiel.
Team Weiß trat zu Beginn an mit
Sven, Dr. Ippo St., Niels T., Sir Giersdorff von Humboldt am Feuerwasserstrom, Thies Schulze, Moskophidis-Stephan, Norbertonius G. I. Pagellantopoulos (dessen unendliche Reihung an Ehrentiteln und Ämtern ich jetzt hier mal unterschlage, denn sonst sitze ich morgen noch über meinem müden Mädchenrechnerle)
Team Bunt beschränkte sich auf
Matthias 23, Don Florianus Klosiensis, Andi Kuttner, Ralf Mr. Marathonman Schmersahl, einen Kumpel N. N. von Matthias, Steffen, the Iron MaidenMan, Schmaudolino.
Obwohl Weiß sich mit aller Kraft gegen die Niederlage stemmte, schenkte Bunt vor allem zu Anfang den Freunden der gewaschenen Trikotagen aus der Kleiderkammer von Dr. Ippo kräftig ein und führte gleich zu Beginn bis 4:0, bevor es Weiß dank heroischer Kraftanstrengung bei gleichzeitiger Zurückgelehntheit von Bunt gelang, innerhalb von wenigen Minuten konsequent die Partie zu drehen. Dann fand Bunt zurück zu konzentrierten Aktionen und zog erneut davon, am Ende dieser Phase der spielerischen Auseinandersetzungen bis auf 9:5. Schließlich wurde umgestellt, Ralf und Schmaudolino wechselten in's Weiß, Sven und Mr. Mosko durften endlich mal farbig spielen. Es begab sich, dass einige Geronten glänzend miteinander harmonierten - tut's Wunder, wo doch weißes Haupthaar bruelliant mit hellen Trikotagen harmoniert, jedenfalls erfreute sich das Spiel nun eines unvergleichlich spannenden Verlaufs, wobei die Fraktion der Chronistin einmal mehr den Überblick über den Spielstand verlor (zum Glück gibt es da die mit unwiderstehlich dokumentarischem Scharfblick berichteten Activisti vom Stadtmagazin "Wrangelkiez International", die nebenher auch noch http://bunte-truemmer.blogspot.com zu neuen publizistischen Höhentouren beflügeln). Bald wurde von den Zuschauerrängen heruntergemunkelt, dass Weiß dieses Spiel noch tatsächlich gedreht hat, angeblich gewann das Team um den Admiral Pagellantopoulos und Mr. Marathonman Ralf gar 8:2. Ensprechend folgten Auflösungserscheinungen bei Team Bunt. Aus diesem Grund sprang das SpielerInnenkarussell erneut an, und am Ende, nach 150 Spielminuten waren alle wieder mal glücklich, aber erschöpft. Vor allem auch das Spiel in seiner letzten Phase, das durch zahlreiche ekstatische Zwischenrufe, beinahe in wechselvollem Spiel durch spontan zusammenfindende Chöre synkopiert, die gegeneinander in Harmonie mit dem Rauschen des Rummelsburger Meers heranbrandeten im ewiggleichen Strom der Gezeiten, unablässig auf- u. abschwollen, in dionysischen Exstatomanien, welche von einem fröhlich, aber planvollen, wenn auch nicht mehr ganz ernst gemeinten Rauf- und Runtergerenne flankiert wurden, befeuert von einem ungeheuren fußballerischen Wonnefaktor, so dass die Schar der Tractoristi am Ende zwar, wie so oft, geplättet, doch aber beglückt zum Fuhrpark der versammelten Velos zurücktrabte, sich auf selbige schwang, um dann in die städtischen Heimatkieze zurückzupedalieren u. sich auf die Labsal der anstehenden Wochenendaktivitäten zu präparieren: Duschen, fönen, Pedicure, Manicure, Hautcreme, Haarwachs und ab ging es auf die Piste des nocturnialen Fischerstädtchenlebens. Lange tönt's von Stralau noch: Tractors Fußball lebe hoch!
(lolila, us-amerikanische, aber doch stellvertretende Chef-Redakteurin des "Umstürzenden Torpfostens", Stralauer Börsenblatt und Presse-Central-Propaganda-Organ des St. Platzwartes, seiner Co-Adlati und des organisierten Wohlfahrtscomittees in Diensten der Freien Wochenendfußballrepublik zu Ehren des St. Platzwartes, usw. usf.)

28 Oktober 2006

Neuer Spielbeginn ab 4.11.

Wegen der Zeiumstellung und der Beginn der Wintersaison beginnen die Auftritte der Stralauer Equipe fortan um
13:30 Uhr.
Das entschied der ÄltestInnenrat im Verbund mit dem OrganisatorInnenteam und weiteren verdienten MitspielerInnen nach dem heutigen gewohnt erfolgreichen Spiel.

26 Oktober 2006

Klatsch und Tratsch vom Rummelsburger Ufer...

... aus der heutigen Berliner Zeitung:

Gesucht: Paul und Paula aus Berlin

Namens-Club in Gründung

Karin Schmidl

FRIEDRICHSHAIN. Der alte Drehort soll wieder Geschichte schreiben: Das Rummelsburger Ufer zwischen Friedrichshain und Lichtenberg, wo 1973 eine Schlüsselszene des Defa-Films "Die Legende von Paul und Paula" entstand, soll für Spaziergänger und Besucher einladender werden.

(weiter geht' s im Kommentar-Feld...)


23 Oktober 2006

Von der Außenwelt abgeschnitten

(aus der Berliner Zeitung vom DO, 19.10.2006)

(Bitte beachtet auch die Blog-Berichterstattung hierzu der Kollegen auf:

Hauptstadtblog und Stralau-Blog )

Anwohner kommen im Berufsverkehr von ihrer Halbinsel nicht runter. Sie fordern eine breitere Zufahrtsstraße

Jana Lange

FRIEDRICHSHAIN. Jeden Morgen das gleiche Bild: Wenn die Bewohner die Stralauer Halbinsel in Friedrichshain verlassen wollen, stehen sie oft im Stau. Im Berufsverkehr sogar bis zu 20 Minuten. So lange dauert es, bis die Anwohner von der Insel runter sind und den Markgrafendamm erreicht haben. Ginge es nach der Interessengemeinschaft "Eigentümer in der Rummelsburger Bucht" und der Betroffenenvertretung, könnte die Lösung recht einfach sein: Die Straße Alt-Stralau soll breiter werden.

Nach Ansicht der Anwohner ist der Zeitpunkt dafür günstig: Denn die Deutsche Bahn will im Zusammenhang mit der Erneuerung des Ostkreuzes auch die enge Bahnbrücke über der Straße Alt-Stralau erneuern. Damit die Anwohner das Nadelöhr - in jede Fahrtrichtung gibt es nur eine Spur - besser passieren können, schlagen sie jetzt vor, dabei auch die Straße zu verbreitern. "Leider hat man uns Anwohner bei der Planung völlig vergessen", sagt Ottfried Franke von der Interessengemeinschaft. Und er weist darauf hin, dass die Halbinsel erst zu etwa 50 Prozent bewohnt sei. "Das Problem wird längerfristig noch schlimmer." Die Interessengemeinschaft und die Betroffenenvertretung haben deshalb bei der Deutschen Bahn Einspruch gegen das Planungsverfahren eingelegt. Auf der Stralauer Halbinsel haben auch die Berliner Verkehrsbetriebe Probleme, ihre Fahrpläne einzuhalten, weil die Busse der Linien 104 und 347 oft im Stau stehen.

Was für sie das Beste wäre, darüber sind sich aber nicht alle Bewohner einig: Inzwischen hat sich eine zweite Initiative gegründet, die sich als "Unabhängige Anwohner" bezeichnet. Sie lehnen eine Straßenverbreiterung ab: Zusätzliche Fahrspuren würden den Platz für Fuß- und Radwege verringern. "Das Problem könnte einfach durch eine veränderte Ampelschaltung gelöst werden", sagt Daniel Küstner. Die Initiative hat ebenfalls Einspruch gegen das Planfeststellungsverfahren eingereicht.

Nun muss die Bahn entscheiden, ob die Einsprüche berechtigt sind und sich mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung über das weitere Vorgehen einigen. Deren Sprecherin Petra Rohland versteht den Unmut der Autofahrer. "Eine Erweiterung der Brücke ist zurzeit aber nicht geplant", sagt die Sprecherin. Aber: Spätestens mit der Verlängerung der Berliner Stadtautobahn von Neukölln über Treptow nach Friedrichshain müsse "ohnehin eine neue Verkehrsführung gefunden werden", so Rohland.


19 Oktober 2006

Von der leidvollen Suche nach Erwerbsarbeit

Auch ein Admiral braucht mal Geld

An einem Donnerstag im Oktober, gegen 13 Uhr. Ich bog auf meiner Blechrosinante in die Karl-Friedrich-Flick-Chaussee ein und parkte sie vor einem Haus, in dem ich die Firma Dumm Personalvermittlung vorzufinden erwartete. Diese behauptete mir gegenüber am Telefon, meine Suche nach bezahlter Arbeit mit Erfolg krönen zu können, ich solle ruhig zu einem Gespräch vorbeikommen, es würde sich gewiss lohnen. Sie fragen sich sicherlich, warum eine vom Leben verwöhnte Persönlichkeit wie ich es überhaupt nötig hat, einen solch dornigen Weg zu beschreiten. Nun, ich laboriere seit gut dreieinhalb Monaten an einer mich behindernden Knöchelblessur, die ich mir im aufopferungsvollen Einsatz für Traktor 1266 Stralau e.V. zugezogen hatte, habe seitdem aber nicht einen Cent Lohnfortzahlung im Verletzungsfall bekommen, trotz zahlreicher Anträge meinerseits. (Exkurs: Die Lohnfortzahlung im Verletzungsfall wurde Mitte der siebziger Jahre abgeschafft, nachdem die damalige Clubführung mir vorwarf, sie über Gebühr in Anspruch genommen und damit Traktor in finanziell schwieriges Fahrwasser gebracht zu haben. Das finde ich kleinlich, denn heutzutage wird viel Geld für teure Anzeigetafeln, Flutlicht und Rasenheizung in der Murx-Arena ausgegeben, die dann noch nicht einmal funktionieren.) Notgedrungen musste ich mich auf die für mich ungewohnte Suche nach Lohnarbeit begeben, um meinen hohen Lebensstandard auch während meiner Rekonvaleszenz sichern zu können, mein Hauspersonal will schließlich bezahlt werden, und das völlig zurecht. So stand ich also vor der Tür von Dumm Personalüberlassung und klingelte. Einige Sekunden verrannen, bis ein mich vielleicht wegen meines durch den Fahrtwind zersausten Haupthaares kritisch musternder Jungspund öffnete und nach etwas Überzeugungsarbeit auch einließ. Kurz darauf begrüßte mich Frau Satan-Stochter, mit der ich wohl den Termin vereinbart hatte, und bat mich, noch einen Moment in der Sitzreihe in dem schmalen Flur Platz zu nehmen. Rein äußerlich zeichnete sie sich durch ihr karmesinrotgefärbtes Haar und ein beeindruckendes verlängertes Kreuz aus, das sie in einer hautengen graumelierten Geschäftshose zur Schau zu stellen wusste. Flink wie eine Stralauer Küchenschabe eilte ich nochmal vor die Tür, nur um mich zu vergewissern, nicht aus Versehen in ein Billigbordell geraten zu sein. Dann führte man mich in einen Raum, in dem ich einen Personalfragebogen nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen sollte, doch ich war irritiert, denn der unfreundliche Milchbart von der Eingangstür saß in der selben Räumlichkeit vor einem Personalcomputer, langweiligen Schriftverkehr bearbeitend. Er hat also nicht einmal ein eigenes Büro, schmunzelte ich innerlich, um mich sogleich darüber zu ärgern, den Raum mit diesem Jüngelchen teilen zu müssen, wo ich doch meine ganze Konzentration dem komplizierten Fragebogen zuwenden musste. Unbefriedigend war zudem, dass mir kein Kaffee angeboten wurde, da war ich weiß Gott Besseres gewohnt. Erst eine Woche zuvor wurde ich in einem Etablissement ähnlicher Couleur von einer freundlichen wie charmanten jungen Dame empfangen, die mich sofort erkannte, denn sie war Traktorfan, und bereitwillig gab ich ein Autogramm. Wie es der Zufall so wollte, war ich ihr Lieblingsspieler. Sie erzählte mir von einem überlebensgroßen Starschnitt-Poster meiner Wenigkeit, das in ihrer Wohnung eine Zimmerwand schmückte. Ich sah es vor meinem geistigen Auge, und der Anblick gefiel mir. Dann geleitete mich die liebenswürdige Erscheinung zu einem abgetrennten Raum, einem Séparée, in dem ich in aller Bierruhe den Fragebogen mit Inhalt würde füllen können. Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, brachte sie mir, nachdem ich zuvor eingewilligt hatte, einen Latte Macchiato und ein Stück Sachertorte, welches ich unverzüglich verzehrte, denn ich hatte schlecht gefrühstückt. Der Quell wärmenden Lichts verließ nicht sofort mein Frühstückszimmer, blickte ein wenig verschämt zu Boden, um mich dann zu fragen, ob wir uns nicht mal auf eine Tasse Kaffee treffen könnten. Ich verstand nicht sofort, wir trafen uns doch gerade hier, und zumindest ich hatte Kaffee vor mir, und es wäre für sie wohl ein Leichtes auch für sich selbst frischen aufzubrühen. Irgendwann begreift dann auch ein Schafskopf wie ich, dass sie nur ein Rendezvous gemeint haben konnte. Natürlich fühlte ich mich geschmeichelt, gab jedoch zu bedenken, aufgrund meiner Verletzungsmisere derzeit ungenießbar und niemandem zuzumuten zu sein, versprach aber, mich bei ihr zu melden, sobald ich wieder in vollem Saft auf dem Rasen der Karl-Marx-Arena stünde. Eine Träne unverhofften Glücks kullerte über ihre Wange, und weil ich derlei emotionale Ausbrüche kaum zu ertragen im Stande bin, reichte ich ihr schnell ein Papiertaschentuch, das sie auch dankbar annahm. Vom Himmel zurück zur Hölle der Personalvermittlung. Frau Satan-Stochter führte mich in eine Räumlichkeit am Ende des schmalen Flures, wo nun das Gespräch vonstatten gehen sollte. Als ich gerade Platz genommen hatte, forderte sie mich auf, mal was zu erzählen, woraufhin ich berechtigterweise fragte, was sie denn hören wolle. Nun wurde sie unverschämt und begann mich zu belehren, dass ein Vorstellungsgespräch zu achtzig Prozent vom Bewerber zu führen sei. Beim Barte des Stralauer Platzwartes, wusste sie denn nicht wen sie vor sich hatte? Jetzt fing ich meinerseits an, Satan-Stochter eine Lektion zu erteilen, indem ich ihr erläuterte, wie wichtig es in solchen Gesprächen für die Nichtbewerberseite sei, den Inhalt abzustecken, stand ich doch kurz davor, ihr ausführlichst von der Stralauer Apfelernte zu berichten. Widerwillig gab sie nach und fragte mich nach meiner Tätigkeit als Telephonist in einem Rufzentrum, und so begann ich schwungvoll von meinen Erfahrungen mit der telephonischen Kundenbetreuung zu erzählen, dass ich nicht gern telephoniere, Kunden nicht ausstehen könne und mich in der Rolle des zu Bedienenden traditionell wohler fühle als in der des Dieners. Das Gesicht dieser Satan-Stochter nahm nun die rote Farbe ihrer Haare an, sie griff sich meine Bewerbungsmappe und sagte energisch: „Die kann ich Ihnen gleich wieder mitgeben, denn mit dieser Einstellung können wir Ihnen keinen Arbeitsplatz vermitteln.“ Erleichtert nahm ich meine Unterlagen entgegen, jedoch nicht ohne sie noch ein weiteres Mal schulmeisterlich belehren zu müssen. Es sei keine Frage der Einstellung, sondern eine der Eignung, betonte ich, schließlich hätte ich mich in der Kundenbetreuung lang genug versucht. Satan-Stochter wirkte trotz meiner klaren Argumentation völlig unbeeindruckt, und meine Nachfrage, ob Dumm Personalverleih denn keine Stellen als Platzwart, Berater oder Sportjournalist zu vermitteln hätte, schien sie bestenfalls zu irritieren. Sie wünschte mir viel Glück bei der Suche nach meinem Traumjob und komplimentierte mich grimmig aus ihrem Hoheitsgebiet hinaus. Auf der Türschwelle gelang es mir noch den Brunftschrei des Rummelsburger Elchs zu imitieren, was für seelische Befreiung sorgte vor dem Hintergrund wieder einmal auf einen Menschen gestoßen zu sein, der nicht das geringste Verständnis aufbrachte für mein Streben nach geistiger Vertiefung und sittlicher Veredlung. Trotz aller Erleichterung, diesen unheilvollen Ort wieder verlassen zu können, war mir das Fortbestehen des pekuniären Problems natürlich bewusst. Besonders tragisch, dass ich erst kürzlich bei der Wahl zum Nachfolger des UNO-Generalsekretärs scheiterte, obwohl ich mit der Kampagne „Ein Stralauer muss es sein“ ins Rennen gegangen war und der Plan für den Weltfrieden bereits in meiner Schublade lag. Nachdenklich schritt ich die Stufen herab und ging hinaus auf die Straße. Erst jetzt fiel mir auf, was für ein güldener Oktobertag es war, und diese frische Luft, hatte es in der Einrichtung nicht eindeutig nach Schwefel gerochen? Heilfroh, den Mächten des Bösen widerstanden zu haben, band ich meinen Drahtesel los und trat die fünfstündige Rückreise nach Stralau an.

Norbertonius Pagellantopoulos, Admiral zum Rummelsburger Sund und ehemaliger Kandidat für das Amt des UNO-Generalsekretärs

15 Oktober 2006

Das war der 30. Stralauer Spieltag am 14.10.2006.

Alles Wissens- und Berichtenswerte, wie immer knapp zusammengefasst.
Trübes Wetter, dafür abwechslungsreiches Spiel!
Erstaunlich gut besucht zeigte sich der 30. Spieltag der laufenden Saison. Obwohl ziemlich trübe Frühherbstwitterung sich am Firmament ausbreitete, hatten insgesamt ca. fünfzehn Jung-, Alt- und Neo-Tractoristi den Weg in den Freizeit- und Erholungspark des Friends of Carlotta Marxicissima Amphitheaters auf Stralau gefunden. Das Halbinsel-Fußballphänomen steht also wieder in voller Blüte. Immerhin hat es bei einer gefühlten Temperatur von acht Grad Celsius wenigstens nicht auch noch geschifft, und der Fenriswolf des hohen Nordens, den empfindsame Sünder des Südens schon jetzt grollen zu hören meinen, zerrt auch noch nicht so schlimm an seinen Ketten wie im Januar/Februar. In Südeuropa hingegen herrscht noch immer ein die Sinnen verwöhnender AltindianerInnen-Sommer, so meldet z. B. Obersaichau, Baden-Württemberg, 26 Grad am Nachmittag bei gleißender Sonneneinstrahlung unter strahlender Schäfchenwolkenbildung. Nicht auszudenken, was es für einen TeilnehmerInnenzuspruch gegeben hätte, würde die CMG-Arena kurzfristig irgendwo in die Weiten der witterungsverwöhnten Filderhochebene verpflanzbar sein, was so manche müde ChronistIn utopiefeuchte Tränen in die Augen treibt, obschon erst gerade von einem langen Urlaub auf einem Hausboot im Hafen von Baltimore, Maryland, in das nordische Feuchtherbstkontinentalklima des ehemaligen brandenburgischen Fischerdörfchens zurückgekehrt. Doch damit soll das obligatorische Berlin-Bashing für heute einen Abschluss gefunden haben. Nach dem obligatorischen Aufwärmen der so talentierten FreizeitathletInnen Stralaus entwickelte sich ein torreiches Spiel, das leider ein wenig einseitig anzusehen war, da Team Weiß dem bunten Haufen wenig Chancen zur Entfaltung ließ, während die eigene Torfabrik dank Herrn Klosiensis munter sprudelnder Produktivität doch einen recht hohen Ausstoß entfachte. Die sehr praktische, transportable Torstandsanzeige war zuhause verblieben, da der einzige an diesem Spieltag aufgelaufene Geront bei seinen Spieltagespräparationen mal wieder an vieles, aber latürnich längst nicht an alles gedacht hatte.
Team Bunt präsentierte sich anfangs geschlossen mit dem neuen Traditionskern, dessen Namenspatrone der Chronistin leider noch immer nicht geläufig sind. Deswegen wird auf die Creation neuer Rufnamen zurückgegriffen:
Ralf Mr. Marathon Schmersahl, Der gelbe Flügelflitzer, Iron Steffen, Dr. Brillo, Mr. 100 Kilo-Gramm, Der coole Typ mit der Mütze, Mr. Red T-Shirt um wahrscheinlich nicht alle zu ihrer Zufriedenheit "benannt" zu haben).
Team Weiß speiste sich aus:
Andreassos Kouttnertoppokolossous, Homo Florianus Klosiensis, Tommy Old Suede LQ, Schmaudolino; später kamen noch Katharina F. und Dr. h. c. J. von Giersdorff-Feuerwasser zu Humboldt dazu.
Nach ca. einer dreiviertel Stunde etwas einseitiger Toreflut wurde umgestellt, Ralf Mr. Marathon wechselte auf eigenen Wunsch die Seiten, weil er laut eigener Meinung im Überzahlteam sein Laufpotential noch nicht ausreichend erschließen konnte; Katharina gesellte sich zu den Tractoristi, und der Chronistin fiel es zusehends schwerer, mangels mitgeführtem ReporterInnenblock den Überblick über die Zusammensetzung der Teams zu behalten, geschweige denn vom aktuellen Spielstand auch nur einen blassen Schimmer memorieren zu können. Wir hoffen da auf die Collega von http://bunte-truemmer.blogspot.com. Der fromme Wunsch besteht durchaus, bald wieder auf eine umfängliche Berichterstattung durch die Kamerateams von Stralau TV zurückgreifen zu können. Es erwies sich zur Freude aller wieder zahllos erschienenen ZuschauerInnen, dass die periodisch erfolgenden Umstellungen in den Wirkungsfeldern der CombattantInnen zusehends eine Parität im Wechselspiel der Kräfte evozierte. Am Ende schlug die Waagschale gar leicht zugunsten von Team Bunt aus, nachdem auch noch der letzte Geront durch eine Achillessehnenanstauchung, zustande gekommen ohne Verschulden des Gegenspielers, unter hypochondrischen Zuckungen vom Platz getragen werden durfte. Stralau kann nur hoffen, dass der wackere Mittelfeldcreateur Norbertonius G. I. Norbertonius Pagellantopoulos, seines Zeichens Admiral zur Rummelsburger See, römischer Statthalter auf Stralau und Schutzpatron der Flora-Fauna in Stralau, um Stralau und um Stralau herum, sonderlich aber des Schertieren- und Fischbestands der Rummelsburger See und aller ihrer natürlichen Zuspeisungen, außerdem Oberverkoster der Metropolenbrauerei der Markgräflichen Stralauer Hofbräu-Hektoliterfassproduktion Ltd. seit 1266, endlich in den nächsten Wochen sein flehentlich herbeigesehntes Comeback feiern wird, denn was wäre der Stralauer Spieltag ohne seine durch die erzgerontischen Turbulenzen ausgelösten Extravaganzen, das Salz in der Boullibaisse des Stralauer Spieltages, zur See und auf dem Lande. Ähnliches gilt natürlich für den unvergleichlichen Rhetor und sicherlich meinungsstärksten Spieler aller Generationen, Dr. phil. Ippo Stiasniny, um nur einen der vielköpfigen auch noch schmerzlich vermissten Akteure der Stralauer Saison 2006/2007 zu nennen. Hoffen wir, dass der Spieltag bald wieder über das ganze Feld des vorzüglichen, wenn nicht gar heiligen Kunstrasens der unübertrefflichen KMG-Arena vonstatten gehen kann, welcher vom St. Platzwart unter der Woche so hingebungsvoll gepflegt wird. (lolila )