Ganz Berlin im Zille-Fieber - da steht auch der Stralauer Platzwart nicht nach, und dokumentiert Auszüge aus einer Zilleschen Kurz-Geschichte namens "Die Nebelkrähe", erschienen u.a. 2003 im Buch "Berliner Geschichten und Bilder" des fourierverlag.
"Der Maler Raabe war ein Jugendfreund des nun schon längst gestorbenen, bekannten Gastwirts Tübbeike, zu Stralow vor Berlin. Beide hatten in jungen Jahren die Kunstakademie besucht. (...) Raabe blieb Künstler - aber der verkannte Maler. (...) Seit seiner Jugendzeit brachte er kein Bild mehr zusammen. In seinem alten Skizzenbuch ist eine verwischte Skizze, vielleicht vor 30 Jahren gezeichnet. Junge, tausende Leute, auf einer Wiese bei der Stralower Kirche. Ein Bild aus der Zeit, die uns der Berliner Maler Hosemann so vortrefflich gesehen hinterlassen hat. Diese Skizze will er noch fertig machen, soll ein Bild werden.
So wanderte er fast täglich, seit seinen Jugendjahren, nach dem damals noch idyllischen Fischerdorf Stralow, dem beliebten Ausflugsort der Urberliner.
Mit seinem pockennarbigen Gesicht, die große Brille auf der rötlichen Nasenkuppe, Sommer und Winter im abgetragenenen Flausrock, großen Schlapphut und angegriffenen Skizzenbuch, war er eine bekannte Figur auf der Stralower Chaussee.
Es verschwanden Gärten und Wiesen, Fabriken und hohe Mietshäuser machten sich zwischen den Strohdächern breit, aus Stralow wurde Stralau, Ruder- und Segelsport, lärmende Großstadtfreuden zogen ein, es berührte ihn nicht - er lebte in der Vergangenheit. Raabe kam nie bis zur Kirche, dem Motiv seiner Skizze, Tübbeikes Gasthaus ließ ihn nicht vorbei. (...)
Julius (Tübbeike) wusste, wieviel der Freund bedurfte. Dann nahm er ihn behutsam unter dem Arm, brachte ihn vor die Haustür, drehte ihn mit dem Gesicht nach Berlin und: Jute Nacht, olle Nebelkrähe!
- So ist er in einer nebeligen November-Nacht vom rechten Weg abgekommen -
Am grauen Morgen umflatterte ein Schwarm kreischender Krähen ein Wasserloch der sumpfigen Stralauer Wiesen.
