27 Januar 2007

Winterliches Intermezzo am 4. Stralauer Spieltag

Wackere Traktoristen tanzen Schneewalzer in Arena, zahlreiche Akteure nicht präsent

Gegen 13:45 Uhr treffe ich am Stadiontor ein, wo sich gerade mal, zur allgemeinen Verwunderung, fünf Spielerinnen bei besten äußeren Bedingungen (Temperatur um den Gefrierpunkt; 4 cm hoher, unberührter Schnee auf dem Platz, da der Platzwart nur die Zugangswege gefegt hatte; strahlender Sonnenschein; das tiefblaue Wasser der Rummelsburger Bucht) eingefunden hatten. In der Aufwärmphase schreibt Andi K. den Vereinsnamen in großen Lettern in den Schnee, als Zeichen seiner Verbundenheit mit dem glorreichen Club. Bald darauf stoßen noch zwei weitere Traktor-Stars hinzu, so dass am Ende folgende sieben Traktoristen in der Karl-Heinz-Marx-Arena zur Leibesertüchtigung antreten:

Kuttner-Andi, Philippowitsch (Die Stimme), Ralf S. (Die Lunge), Dirk (mit bruchsicherer Qualitätsbrille auf der Nase), Niels „Spielt mich doch mal an! Hallo! Hier!“ Tiedtke, Tommy LQ und seine Exzellenz, der Admiral

Tommy kommt etwas später, so wird anfangs drei gegen drei (Dirk, Niels und der Admiral fordern das andere Trio heraus) auf verkleinertem Feld gespielt. Ein offener Schlagabtausch entsteht mit Chancen und Toren auf beiden Seiten, aufgrund der erbärmlichen Spielerzahl dürfte wohl jeder mal getroffen haben. Dann die Idee, die Tore um 180 Grad zu drehen und um 90 Grad zu kippen, damit das Schießen auf die flacheren Tore nicht mehr ganz so leicht fallen würde. Die Umsetzung scheitert, weil die Gehäuse sich nicht so einfach kippen lassen wollen. Dann die Idee, die Tore quer (also senkrecht) zum Feld aufzustellen, um die schmalen seitlichen Fenster zu nutzen. Die Umsetzung klappt. Tommy betritt die Stralauer Fußballbühne und heuert bei Dirks Team an, das von nun an in Überzahl auftritt und folgerichtig eine gewisse Überlegenheit entwickelt, aber als Ausgleich für das Dreierteam mit der Abseitsregel zurechtkommen muss, was sich als recht enervierend erweist, weil das Unterzahlteam bei jeder sich bietenden Gelegenheit prophylaktisch abseits reklamiert. Dann die Idee, die Frauschaften zu verändern. Pagellantopoulos in einem Aufguss mit Andi, Pippo und Niels gegen den flotten Dreier Dirk, Tommy und Ralf, dazu noch der Abseitsnachteil, schnell steht es 1:5, keine Chance für das Überzahlteam. Was nun? Der Admiral erhält den Auftrag, das bislang überlegene Dreierteam zu schwächen, dafür wechselt Dirk ins Überzahlteam, und das mit Erfolg, die Partie wird schlagartig viel ausgeglichener, obschon den Dreien einige tolle Spielzüge gelingen, bleibt es dem Vierer vorbehalten, das Golden Goal zu erzielen, und nach 123 Minuten ist die Partie Geschichte.

Unterdessen scheint Traktorist Stanley Stralauer seinen Plan eines kindischen Spielboykotts verwirklicht zu haben, indem er, unterstützt von Sympathisanten, durch Abwesenheit glänzt, obschon er vor einer Woche an gleicher Stelle hätte lesen können, dass es dafür keinerlei Grund gibt, zumindest keinen, der mit den Traktoristen in der Marx-Arena zusammenhängen würde, aber nichts ist offenbar schöner, als sich wie ein Sechsjähriger aufzuführen. Mit seinem unerklärlichen Zorn trifft er natürlich genau die Richtigen, nämlich diejenigen, die den Spieltag ernst nehmen und bei jedem Wetter erscheinen. Um das samstägliche Alternativprogramm der Sorgenkinder Stralauer und Klosiensis ranken sich derzeit wilde Gerüchte. So wollen Augenzeugen die beiden bei der Pilzsuche beobachtet zu haben (Klosiensis mit Schneeschaufel, Stanley mit seinen Bestimmungsbüchern für Pilze), andere sind sich sicher, Klosiensis probe mit seiner Band für eine bevorstehende Welttournee, während Stralauer in seinem Penthouse ein paar Jährchen schmollen wolle. Einer genauen Prüfung halten diese Gerüchte natürlich nicht stand. Viel plausibler ist ein Verbleib der beiden Schergen in einem ausgehobenen Erdloch im dichten Stralauer Wald, wo sie zusammengekauert hocken, die Traktor-Spielerpässe fest umklammernd, um sich dem Zugriff der STAUFA-Fahnder, in etwa vergleichbar mit Inquisitoren, zu entziehen. Aber noch ist es nicht zu spät, noch ist eine Abkehr vom eingeschlagenen Kurs möglich. Raus aus dem Erdloch, rauf auf den Platz! Ein dreifach Hoch auf den Stralauer Freizeitfußball! Er lebe hoch, hoch, hoch!

Ein Report (plus Kommentierungen) von Snorri Sturlufsson.

© Snorri Sturlufsson Productions

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3 Comments:

Blogger Der Stralauer Platzwart said...

(Spam-Kommentar gelöscht vom Stralauer Platzwart. Mein Platz mag zwar manchmal Schnee-bedeckt sein, aber mein Blog bleibt sauber...)

11:08 AM  
Anonymous Anonym said...

Danke, Snorri Sturlufsson für die erfrischenden Spielberichte, da wird mir hier auf der überhitzten Südhalbkugel angenehm kühl ums Herz.
Als Anhänger halbautoritärer Fußballverbände bin ich trotz Unkenntnis der genaueren Umstände natürlich dafür, dass die STAUFA mit aller Härte gegen Vetragsbrüche von Spielern vorgeht.
Euer Pelé

8:58 PM  
Anonymous Anonym said...

Danke Pele, eine große Ehre, meine Arbeit durch Sie gewürdigt zu wissen. Übrigens habe ich im ersten Abschnitt eine Ergänzung vorgenommen, eine schöne Aktion von Andi K. vor dem Anpfiff betreffend. Gruß an Ihren alten Freund, den bayerischen Kabarettisten Franz B., auch wenn ich ihn nicht so sehr schätze wie Sie.
Ihr S. Sturlufsson

12:17 AM  

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