„Wer nie einen Namen hatte, kann meinen Schmerz nicht nachempfinden“
Schwer beschuldigter Traktor-Spieler Pagellantopoulos nimmt zu den Dopingvorwürfen Stellung
Der Stralauer Platzwart, das Zentralorgan des AeltesInnenrathes des Stralauer Wochenendfußballs usw., ist nach Stralauer Halbinselrecht verpflichtet, Gegendarstellungen zu veröffentlichen. Lesen Sie nun die von Norbertonius Pagellantopoulos, Admiral zur Rummelsburger See, Freibeuter auf allen sieben Weltmeeren, Traktorist, Mitglied des AeltestInnenrathes, des Organisations- und Wohlfahrtskomitees etc. etc., zum Artikel vom 23.07.06.
„Es traf mich fast der Schlag, als ich am Dienstagvormittag von einem Adjutanten von den gegen mich erhobenen Dopingvorwürfen während einer Partie Golf auf dem an der Stralauer Tunnelstraße gelegenen 18-Loch-Platz erfuhr. Meine Laune war ohnehin schon eingetrübt, weil ich an Loch 15 drei über Par gespielt hatte, und so ließ ich meinen frischen Zorn völlig unverkrampft an meiner teuren Golfausrüstung aus, während der verschreckte Adjutant das Weite suchte. Da werde ich wohl demnächst einen neuen, nicht ganz so sensiblen einstellen müssen, um mir mein Dasein ein wenig zu erleichtern. Zum Glück war mein treuer Caddie immer noch präsent, obgleich das Wiederfinden der in die Gegend geschleuderten Schläger ihm einige Mühsal zu bereiten schien, aber was soll’s, für solche Verrichtungen wird er doch schließlich auch von mir bezahlt, natürlich mit frischem Fisch aus der Rummelsburger Bucht. Meinem Eindruck nach, weiß er insbesondere Schleien und Karpfen zu schätzen, was ich an seinem glücklichen Gesichtsausdruck zu erkennen vermag, wobei ich auch schon beobachtet zu haben glaube, dass dieser Ausdruck blitzartig verschwindet, sobald ich im Begriff bin, mich von ihm abzuwenden – vermutlich nur eine Sinnestäuschung. Ohne den fahnenflüchtigen Adjutanten war ich tatsächlich gezwungen meine Limousine selber nach Hause zu fahren, was mir nach mehrmaligem Abwürgen des Motors auch gelang, aber ehrlich gesagt: Ich lasse mich lieber fahren, denn das Konzentrieren auf den Verkehr ist höchst enervierend, das überlasse ich doch gern anderen und kucke mir statt dessen ganz entspannt die vorbeiziehende Landschaft an. In meinem Anwesen angekommen, bat ich den Computer eine Internetverbindung zur Stralauer-Platzwart-Seite herzustellen, um die gegen mich und den Mit-Erzgeronten Schmauderinho erhobenen Anwürfe selbst in Augenschein zu nehmen. Was ich dort zu lesen bekam, übertraf die Schilderungen meines unzuverlässigen Adjutanten bei weitem, vermutlich, weil er mich aufgrund seines byzantinischen Charakters nicht mit der ganzen Wahrheit konfrontieren wollte, meine womöglich harsche Reaktion fürchtend – was für ein Waschlappen. Meine Ankläger behaupten schamlos, ich würde seit geraumer Zeit den Spielbetrieb boykottieren, damit sich in meinem Körper befindliche Rückstände verbotener Substanzen abbauen und ich guten Gewissens den Dopingkontrollen der STAUFA entgegensehen kann. Unsinn! Erst diese Woche war ich bei meiner Stammärztin Frau Dr. Müller-Irrfahrt in Behandlung, da ich bekanntermaßen den Kurpfuschern der STAUFA nicht traue, entscheiden diese doch im Zweifelsfall zuungunsten der Lizenzspieler. Die erfahrene Müller-Talfahrt attestierte mir folgende Diagnose: ‚EX1a Distorsion re. OSG, schmerzhafte Bewegungsstörung’, was aus dem Fachchinesischen übersetzt soviel bedeuten dürfte wie ‚Rechter Fuß kaputt’, ich denke, da sind wir uns einig. Meine ausgedehnten Radtouren seien bei dieser Art von Verletzung völlig unbedenklich, weil bänderschonend. Als wäre der Boykottvorwurf für sich betrachtet nicht schon schlimm genug, suchen meine Scharfrichter krampfhaft nach alternativen Gründen für mein Fernbleiben und finden ihn in der Ausdauer, die ich während meiner Spieleinsätze oft gezeigt habe. Zahlreiche Versuche meinerseits, dieses Phänomen gerontologisch zu erklären, sind ganz offenkundig nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, wie sonst ließe es sich verstehen, dass man mich des Einsatzes von Dopingmitteln bezichtigt? Gebetsmühlenartig habe ich erläutert, dass es bei älteren Menschen eine Weile dauert, bei mir ca. anderthalb Stunden, bis der in den Ertüchtigungsmodus überführte Körper auf Betriebstemperatur ist, und dann kann ich natürlich noch locker weitere anderthalb Stunden laufen, während die Jungspunde, die von Beginn an 100 Prozent Leistung abrufen, sich bereits völlig verausgabt haben und einen Spielabbruch provozieren, da sie nicht mehr können. Schade um die wertvolle Lebenszeit – und sie wird mit zunehmendem Alter tatsächlich immer wertvoller, weil knapper –, die ich mit meinen fruchtlosen Erklärungsversuchen vergeudet habe. Um die ungeheuerlichen Dopingvorwürfe ein- für allemal zu entkräften, stehe ich für Kontrollen jederzeit zur Verfügung, von mir aus kann auch die von mir zugenommene Nahrung untersucht werden, die größtenteils aus Fisch und Wasser aus der Rummelsburger Bucht sowie Stralauer Hofbräu besteht, also reinen Naturprodukten, denn synthetischen Kram verabscheue ich. Vielleicht finden die edlen Herrschaften dort ja die Substanzen, die sie so inquisitorisch zu finden gewillt sind, und die mir die enormen Ausdauerleistungen in der Karl-Marx-Gedächtnis-Arena ermöglicht haben sollen. Zugegeben, das Dopingmärchen allein ist schon starker Tobak, viel schmerzlicher treffen mich meine Peiniger allerdings mit ihren unsäglichen Unterstellungen bezüglich des Verhältnisses von uns Erzgeronten zum Stralauer Platzwart. Ihm wird zeitweise geistige Umnachtung nachgesagt, und wir hätten versucht, ihn in diesem Zustand auf unsere Seite zu ziehen, um vereint gegen die Beschlüsse der Kreuzberger und Neuköllner Sektierer zu Felde zu ziehen. Eine erschreckend falsche Darstellung, meine Herren! Ich schwöre, noch nie einem Wesen begegnet zu sein, welches so nüchtern und bei Verstand war, wie der Stralauer Platzwart, und zwar vollkommen unabhängig vom Alkoholkonsum. Wer Snorri Sturlufssons Lauschprotokoll vom 16.07. aufmerksam studiert hat, wird von der diesbezüglichen Standfestigkeit des Alten Mannes wissen, hat er sich doch über die seines Erachtens verweichlichten Trinksitten der Neuzeit gewundert, die Schmauderinho und mir in jener Nacht so zu schaffen machten. Und selbstverständlich, der Stralauer Platzwart ist die entscheidende letzte Instanz für absolut alles, was zwischen Stralauer Himmel und Erde geschieht, nur ein Narr könnte anderes behaupten. Im Vergleich zu seiner Größe und Anmut ist die STAUFA nur ein schlechter Witz, eine erbärmliche kleine Fußnote in der Stralauer Fußballhistorie, ohne ihn würde es sie gar nicht geben, und wenn sie längst nicht mehr ist, wird er immer noch sein. Kurzum, der Platzwart ist die zentrale Figur, um die sich alles dreht, denn ohne ihn hätte Traktor Stralau 1266 e.V. keine Vergangenheit, keine Gegenwart und auch keine Zukunft. Er ist aber noch viel mehr, nämlich ein väterlicher Freund, dessen Rat wir Erzgeronten jederzeit in Anspruch nehmen können, seit er damals auf der Suche nach Altersgenossen auf uns zu kam, weil wir älter waren als die meisten anderen Traktoristen. Ich weiß, wir haben ihm durch unser törichtes, eben zutiefst menschliches Verhalten einiges zugemutet, dennoch gab der Alte Mann uns nicht verloren, wofür ich ihm dankbar bin, diskutierte mit uns manch philosophisches Problem, half uns bei der Steuererklärung oder zeigte uns, wie man sich am effektivsten die Fußnägel schneidet. Und er zürnt nicht einmal jenen, die an ihm zweifeln, oder ihm gar seine Kompetenzen streitig machen wollen, steht er doch weit über den Dingen. Neben dem Platzwart fällt mir nur eine weitere Person ein, die für die Probleme der Traktoristen ein derart offenes Ohr hat. Die Rede ist natürlich von Pfarrer Dr. Theo Schlupfhahn, der zweifellos ein großer Traktor-Fan ist und dafür sorgt, dass wir mit unbeschwerter Seele, den ganzen Mist haben wir ja schließlich vorher bei ihm abladen können, ins Spiel gehen. Bevor ich mich inhaltlich verlaufe, komme ich wieder auf die hundsgemeinen Vorwürfe zu sprechen, denn einer fehlt noch, falls ich mich angesichts der Vielzahl abscheulicher Behauptungen nicht verzählt habe. Unsere anonymen Gegner – nur ihre Zugehörigkeit bzw. ihr Zugang zur Redaktion des Stralauer Platzwartes ist klar ersichtlich – bringen vor, wir Erzgeronten und der Platzwart hätten einen neuen ‚Ältestenrat’ gegründet, der allem Anschein nach nur Personen ab 35 Jahren mit Mitgliedsausweisen versorgt. Auch das eine höchst bedenkliche, weil unzutreffende Wiedergabe der in Sturlufssons Abhörprotokoll vom 16.07. beschriebenen Geschehnisse. Wahr ist lediglich, dass wir Drei betont haben, unverzichtbarer Teil des einen AeltestInnenrathes zu sein, denn es kann nur den einen geben, und unseren faktischen Ausschluss bei der Entscheidung über die Quasi-Hinrichtung des Schmauderinho nicht zu akzeptieren gewillt waren und uns somit gezwungen sahen, ein Veto gegen den höchst illegitimen Beschluss einzulegen, das ja längst als Stralauer-Schwur in die Geschichte eingegangen ist. Selbstredend steht dieser einzige AeltestInnenrath auch etwas weniger betagten Personen offen, denn was für eine Aufnahme in die Gerusia zählt, sind in der Tat Spielerfahrung, sonstige Verdienste um den Stralauer Fußball und reichlich Lebensjahre, da gibt es wohl keine zwei Meinungen. Mittlerweile bin ich dermaßen erschöpft, dass ich die ganze unappetitliche Angelegenheit an die Stralauer Anwaltskanzlei Advocaat & Söhne abgegeben habe. Rick Advocaat und seine Söhne, es müssen so an die zehn sein, sind auf Unterlassungs- und Verleumdungsklagen spezialisiert und werden künftig dafür Sorge tragen, mich vor diesem Komplott zu schützen, das sich meiner Einschätzung nach aus Neuköllner und Kreuzberger Traktoristen sowie STAUFA-Funktionären speist. Diese Leute scheinen sich einen perversen Spaß daraus zu machen, die Nerven älterer Traktor-Profis zu strapazieren, wohl wissend, dass die Erzgeronten aufgrund ihres hohen Alters ohnehin schon ausreichend gesundheitliche Probleme haben. Große Sorgen mache ich mir darüber, welche Auswirkungen die unsäglichen, haltlosen, jeglicher Grundlage entbehrenden, ehrabschneidenden und rufschädigenden Dopingvorwürfe auf das Verhältnis zu meinen Fans haben, diesen treuen Seelen, die mir seit Jahren schon die Stange halten. Ich erinnere mich noch gut an die letzte Saison, als die Fans in Anlehnung an einen alten Hit von Andrew Lloyd Webber sangen: ‚Norbertonius! Superstar! Schieß viele Tore in diesem Jahr!’ Unvergessen auch, wie ich in dieser Spielzeit mit dem Anfeuerungsruf ‚Admiral! Admiral! Beweg Dich flink wie ein Rummelsburger Aal!’ unterstützt wurde, nachdem ich angeschlagen in die Partie gegangen war. Solche kostbaren Momente, wenn Tausende Fans in der Marx-Arena deinen Namen oder Spitznamen skandieren, rühren mich immer wieder zu Tränen. Ich frage mich, wird das jetzt alles vorbei sein? Werden diejenigen, die einst hinter mir standen, nun das Schwert gegen mich erheben? Wir wissen doch alle, selbst wenn ich meine Unschuld beweisen kann, und das werde ich, wird irgendetwas von den schmutzigen Vorwürfen an mir hängen bleiben, das ist so sicher wie das Amen in Pfarrer Schlupfhahns Kirche. Vorhin, als ich ungefähr die Hälfte meiner Gegendarstellung fertig hatte, vernahm ich ein merkwürdiges Geräusch, etwa wie ein dumpfer Schlag, und ich fürchtete, dass meine neuen Feinde schon ante portas wären. Panikartig fuhr ich aus dem Ziegenledersessel, griff zum Schüreisen am Kamin und begab mich in den langen Korridor, den ich behende durchschritt und der direkt auf den Salon im Ostflügel zuführte, wo ich die Quelle des Lärms vermutete. Dort angekommen, erkannte ich schnell, was passiert war: Ein Seeadler war mit der riesigen Fensterfront des Salons, in der sich verhängnisvollerweise die Rummelsburger Bucht spiegelt, kollidiert – offenbar aus Unachtsamkeit. Mein Gott, war ich erleichtert. Die Tierfreunde mögen mir verzeihen, aber in dem Augenblick fiel mir eine zentnerschwere Last vom Herzen, hatte ich doch tatsächlich geglaubt, dass erzürnte Traktor-Fans den ersten Stein gegen die Villa geworfen hätten. Ich werde noch im Laufe des Tages eine großzügige Spende an die Stralauer Stiftung zur Rettung der Seeadler auf den Weg bringen. Natürlich werde ich mich um die Beseitigung der Blut- und Federspur und des Kadavers kümmern müssen, ansonsten könnte ich mein Frühstück in dem Salon auch gar nicht mehr genießen. Ja, das Leben ist schon hart, denn ständig tauchen unvorhergesehene Probleme auf, die einer Lösung bedürfen, aber zum Glück gibt es die Gelben Seiten. Blöderweise lassen sich nicht alle Schwierigkeiten mit der Lektüre des Branchenbuchs beheben, ich denke da zum Beispiel an die Wiederherstellung meines einst so vortrefflichen Rufs, meines guten Namens, mit dem ich praktisch überall auf Stralau umsonst essen und trinken konnte. Wie oft hörte ich nach der Verkostung erlesenster Spezialitäten die Worte ‚Herr Pagellantopoulos, das geht selbstverständlich aufs Haus!’? Unzählige Male! Photos wurden von mir gemacht, die dann an den Wänden aufgehängt wurden, um mit meinem Konterfei für die jeweilige Lokalität zu werben. Ich werde mich nur schwer wieder daran gewöhnen können, selbst zu zahlen. Wer nie einen Namen hatte, kann meinen Schmerz nicht nachempfinden. Abschließend möchte ich meinen treuen Fans zurufen: ‚Ich liebe Euch!’ Und an meine Feinde, die sich meine Vernichtung auf ihre Fahnen geschrieben haben, will ich die Worte richten: ‚Wir sehen uns in der Hölle!’, es sei denn, Pfarrer Schlupfhahn legt ein gutes Wort für mich ein. Damit beende ich meine erste kurze Stellungnahme.“
Der Stralauer Platzwart, das Zentralorgan des AeltesInnenrathes des Stralauer Wochenendfußballs usw., ist nach Stralauer Halbinselrecht verpflichtet, Gegendarstellungen zu veröffentlichen. Lesen Sie nun die von Norbertonius Pagellantopoulos, Admiral zur Rummelsburger See, Freibeuter auf allen sieben Weltmeeren, Traktorist, Mitglied des AeltestInnenrathes, des Organisations- und Wohlfahrtskomitees etc. etc., zum Artikel vom 23.07.06.
„Es traf mich fast der Schlag, als ich am Dienstagvormittag von einem Adjutanten von den gegen mich erhobenen Dopingvorwürfen während einer Partie Golf auf dem an der Stralauer Tunnelstraße gelegenen 18-Loch-Platz erfuhr. Meine Laune war ohnehin schon eingetrübt, weil ich an Loch 15 drei über Par gespielt hatte, und so ließ ich meinen frischen Zorn völlig unverkrampft an meiner teuren Golfausrüstung aus, während der verschreckte Adjutant das Weite suchte. Da werde ich wohl demnächst einen neuen, nicht ganz so sensiblen einstellen müssen, um mir mein Dasein ein wenig zu erleichtern. Zum Glück war mein treuer Caddie immer noch präsent, obgleich das Wiederfinden der in die Gegend geschleuderten Schläger ihm einige Mühsal zu bereiten schien, aber was soll’s, für solche Verrichtungen wird er doch schließlich auch von mir bezahlt, natürlich mit frischem Fisch aus der Rummelsburger Bucht. Meinem Eindruck nach, weiß er insbesondere Schleien und Karpfen zu schätzen, was ich an seinem glücklichen Gesichtsausdruck zu erkennen vermag, wobei ich auch schon beobachtet zu haben glaube, dass dieser Ausdruck blitzartig verschwindet, sobald ich im Begriff bin, mich von ihm abzuwenden – vermutlich nur eine Sinnestäuschung. Ohne den fahnenflüchtigen Adjutanten war ich tatsächlich gezwungen meine Limousine selber nach Hause zu fahren, was mir nach mehrmaligem Abwürgen des Motors auch gelang, aber ehrlich gesagt: Ich lasse mich lieber fahren, denn das Konzentrieren auf den Verkehr ist höchst enervierend, das überlasse ich doch gern anderen und kucke mir statt dessen ganz entspannt die vorbeiziehende Landschaft an. In meinem Anwesen angekommen, bat ich den Computer eine Internetverbindung zur Stralauer-Platzwart-Seite herzustellen, um die gegen mich und den Mit-Erzgeronten Schmauderinho erhobenen Anwürfe selbst in Augenschein zu nehmen. Was ich dort zu lesen bekam, übertraf die Schilderungen meines unzuverlässigen Adjutanten bei weitem, vermutlich, weil er mich aufgrund seines byzantinischen Charakters nicht mit der ganzen Wahrheit konfrontieren wollte, meine womöglich harsche Reaktion fürchtend – was für ein Waschlappen. Meine Ankläger behaupten schamlos, ich würde seit geraumer Zeit den Spielbetrieb boykottieren, damit sich in meinem Körper befindliche Rückstände verbotener Substanzen abbauen und ich guten Gewissens den Dopingkontrollen der STAUFA entgegensehen kann. Unsinn! Erst diese Woche war ich bei meiner Stammärztin Frau Dr. Müller-Irrfahrt in Behandlung, da ich bekanntermaßen den Kurpfuschern der STAUFA nicht traue, entscheiden diese doch im Zweifelsfall zuungunsten der Lizenzspieler. Die erfahrene Müller-Talfahrt attestierte mir folgende Diagnose: ‚EX1a Distorsion re. OSG, schmerzhafte Bewegungsstörung’, was aus dem Fachchinesischen übersetzt soviel bedeuten dürfte wie ‚Rechter Fuß kaputt’, ich denke, da sind wir uns einig. Meine ausgedehnten Radtouren seien bei dieser Art von Verletzung völlig unbedenklich, weil bänderschonend. Als wäre der Boykottvorwurf für sich betrachtet nicht schon schlimm genug, suchen meine Scharfrichter krampfhaft nach alternativen Gründen für mein Fernbleiben und finden ihn in der Ausdauer, die ich während meiner Spieleinsätze oft gezeigt habe. Zahlreiche Versuche meinerseits, dieses Phänomen gerontologisch zu erklären, sind ganz offenkundig nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, wie sonst ließe es sich verstehen, dass man mich des Einsatzes von Dopingmitteln bezichtigt? Gebetsmühlenartig habe ich erläutert, dass es bei älteren Menschen eine Weile dauert, bei mir ca. anderthalb Stunden, bis der in den Ertüchtigungsmodus überführte Körper auf Betriebstemperatur ist, und dann kann ich natürlich noch locker weitere anderthalb Stunden laufen, während die Jungspunde, die von Beginn an 100 Prozent Leistung abrufen, sich bereits völlig verausgabt haben und einen Spielabbruch provozieren, da sie nicht mehr können. Schade um die wertvolle Lebenszeit – und sie wird mit zunehmendem Alter tatsächlich immer wertvoller, weil knapper –, die ich mit meinen fruchtlosen Erklärungsversuchen vergeudet habe. Um die ungeheuerlichen Dopingvorwürfe ein- für allemal zu entkräften, stehe ich für Kontrollen jederzeit zur Verfügung, von mir aus kann auch die von mir zugenommene Nahrung untersucht werden, die größtenteils aus Fisch und Wasser aus der Rummelsburger Bucht sowie Stralauer Hofbräu besteht, also reinen Naturprodukten, denn synthetischen Kram verabscheue ich. Vielleicht finden die edlen Herrschaften dort ja die Substanzen, die sie so inquisitorisch zu finden gewillt sind, und die mir die enormen Ausdauerleistungen in der Karl-Marx-Gedächtnis-Arena ermöglicht haben sollen. Zugegeben, das Dopingmärchen allein ist schon starker Tobak, viel schmerzlicher treffen mich meine Peiniger allerdings mit ihren unsäglichen Unterstellungen bezüglich des Verhältnisses von uns Erzgeronten zum Stralauer Platzwart. Ihm wird zeitweise geistige Umnachtung nachgesagt, und wir hätten versucht, ihn in diesem Zustand auf unsere Seite zu ziehen, um vereint gegen die Beschlüsse der Kreuzberger und Neuköllner Sektierer zu Felde zu ziehen. Eine erschreckend falsche Darstellung, meine Herren! Ich schwöre, noch nie einem Wesen begegnet zu sein, welches so nüchtern und bei Verstand war, wie der Stralauer Platzwart, und zwar vollkommen unabhängig vom Alkoholkonsum. Wer Snorri Sturlufssons Lauschprotokoll vom 16.07. aufmerksam studiert hat, wird von der diesbezüglichen Standfestigkeit des Alten Mannes wissen, hat er sich doch über die seines Erachtens verweichlichten Trinksitten der Neuzeit gewundert, die Schmauderinho und mir in jener Nacht so zu schaffen machten. Und selbstverständlich, der Stralauer Platzwart ist die entscheidende letzte Instanz für absolut alles, was zwischen Stralauer Himmel und Erde geschieht, nur ein Narr könnte anderes behaupten. Im Vergleich zu seiner Größe und Anmut ist die STAUFA nur ein schlechter Witz, eine erbärmliche kleine Fußnote in der Stralauer Fußballhistorie, ohne ihn würde es sie gar nicht geben, und wenn sie längst nicht mehr ist, wird er immer noch sein. Kurzum, der Platzwart ist die zentrale Figur, um die sich alles dreht, denn ohne ihn hätte Traktor Stralau 1266 e.V. keine Vergangenheit, keine Gegenwart und auch keine Zukunft. Er ist aber noch viel mehr, nämlich ein väterlicher Freund, dessen Rat wir Erzgeronten jederzeit in Anspruch nehmen können, seit er damals auf der Suche nach Altersgenossen auf uns zu kam, weil wir älter waren als die meisten anderen Traktoristen. Ich weiß, wir haben ihm durch unser törichtes, eben zutiefst menschliches Verhalten einiges zugemutet, dennoch gab der Alte Mann uns nicht verloren, wofür ich ihm dankbar bin, diskutierte mit uns manch philosophisches Problem, half uns bei der Steuererklärung oder zeigte uns, wie man sich am effektivsten die Fußnägel schneidet. Und er zürnt nicht einmal jenen, die an ihm zweifeln, oder ihm gar seine Kompetenzen streitig machen wollen, steht er doch weit über den Dingen. Neben dem Platzwart fällt mir nur eine weitere Person ein, die für die Probleme der Traktoristen ein derart offenes Ohr hat. Die Rede ist natürlich von Pfarrer Dr. Theo Schlupfhahn, der zweifellos ein großer Traktor-Fan ist und dafür sorgt, dass wir mit unbeschwerter Seele, den ganzen Mist haben wir ja schließlich vorher bei ihm abladen können, ins Spiel gehen. Bevor ich mich inhaltlich verlaufe, komme ich wieder auf die hundsgemeinen Vorwürfe zu sprechen, denn einer fehlt noch, falls ich mich angesichts der Vielzahl abscheulicher Behauptungen nicht verzählt habe. Unsere anonymen Gegner – nur ihre Zugehörigkeit bzw. ihr Zugang zur Redaktion des Stralauer Platzwartes ist klar ersichtlich – bringen vor, wir Erzgeronten und der Platzwart hätten einen neuen ‚Ältestenrat’ gegründet, der allem Anschein nach nur Personen ab 35 Jahren mit Mitgliedsausweisen versorgt. Auch das eine höchst bedenkliche, weil unzutreffende Wiedergabe der in Sturlufssons Abhörprotokoll vom 16.07. beschriebenen Geschehnisse. Wahr ist lediglich, dass wir Drei betont haben, unverzichtbarer Teil des einen AeltestInnenrathes zu sein, denn es kann nur den einen geben, und unseren faktischen Ausschluss bei der Entscheidung über die Quasi-Hinrichtung des Schmauderinho nicht zu akzeptieren gewillt waren und uns somit gezwungen sahen, ein Veto gegen den höchst illegitimen Beschluss einzulegen, das ja längst als Stralauer-Schwur in die Geschichte eingegangen ist. Selbstredend steht dieser einzige AeltestInnenrath auch etwas weniger betagten Personen offen, denn was für eine Aufnahme in die Gerusia zählt, sind in der Tat Spielerfahrung, sonstige Verdienste um den Stralauer Fußball und reichlich Lebensjahre, da gibt es wohl keine zwei Meinungen. Mittlerweile bin ich dermaßen erschöpft, dass ich die ganze unappetitliche Angelegenheit an die Stralauer Anwaltskanzlei Advocaat & Söhne abgegeben habe. Rick Advocaat und seine Söhne, es müssen so an die zehn sein, sind auf Unterlassungs- und Verleumdungsklagen spezialisiert und werden künftig dafür Sorge tragen, mich vor diesem Komplott zu schützen, das sich meiner Einschätzung nach aus Neuköllner und Kreuzberger Traktoristen sowie STAUFA-Funktionären speist. Diese Leute scheinen sich einen perversen Spaß daraus zu machen, die Nerven älterer Traktor-Profis zu strapazieren, wohl wissend, dass die Erzgeronten aufgrund ihres hohen Alters ohnehin schon ausreichend gesundheitliche Probleme haben. Große Sorgen mache ich mir darüber, welche Auswirkungen die unsäglichen, haltlosen, jeglicher Grundlage entbehrenden, ehrabschneidenden und rufschädigenden Dopingvorwürfe auf das Verhältnis zu meinen Fans haben, diesen treuen Seelen, die mir seit Jahren schon die Stange halten. Ich erinnere mich noch gut an die letzte Saison, als die Fans in Anlehnung an einen alten Hit von Andrew Lloyd Webber sangen: ‚Norbertonius! Superstar! Schieß viele Tore in diesem Jahr!’ Unvergessen auch, wie ich in dieser Spielzeit mit dem Anfeuerungsruf ‚Admiral! Admiral! Beweg Dich flink wie ein Rummelsburger Aal!’ unterstützt wurde, nachdem ich angeschlagen in die Partie gegangen war. Solche kostbaren Momente, wenn Tausende Fans in der Marx-Arena deinen Namen oder Spitznamen skandieren, rühren mich immer wieder zu Tränen. Ich frage mich, wird das jetzt alles vorbei sein? Werden diejenigen, die einst hinter mir standen, nun das Schwert gegen mich erheben? Wir wissen doch alle, selbst wenn ich meine Unschuld beweisen kann, und das werde ich, wird irgendetwas von den schmutzigen Vorwürfen an mir hängen bleiben, das ist so sicher wie das Amen in Pfarrer Schlupfhahns Kirche. Vorhin, als ich ungefähr die Hälfte meiner Gegendarstellung fertig hatte, vernahm ich ein merkwürdiges Geräusch, etwa wie ein dumpfer Schlag, und ich fürchtete, dass meine neuen Feinde schon ante portas wären. Panikartig fuhr ich aus dem Ziegenledersessel, griff zum Schüreisen am Kamin und begab mich in den langen Korridor, den ich behende durchschritt und der direkt auf den Salon im Ostflügel zuführte, wo ich die Quelle des Lärms vermutete. Dort angekommen, erkannte ich schnell, was passiert war: Ein Seeadler war mit der riesigen Fensterfront des Salons, in der sich verhängnisvollerweise die Rummelsburger Bucht spiegelt, kollidiert – offenbar aus Unachtsamkeit. Mein Gott, war ich erleichtert. Die Tierfreunde mögen mir verzeihen, aber in dem Augenblick fiel mir eine zentnerschwere Last vom Herzen, hatte ich doch tatsächlich geglaubt, dass erzürnte Traktor-Fans den ersten Stein gegen die Villa geworfen hätten. Ich werde noch im Laufe des Tages eine großzügige Spende an die Stralauer Stiftung zur Rettung der Seeadler auf den Weg bringen. Natürlich werde ich mich um die Beseitigung der Blut- und Federspur und des Kadavers kümmern müssen, ansonsten könnte ich mein Frühstück in dem Salon auch gar nicht mehr genießen. Ja, das Leben ist schon hart, denn ständig tauchen unvorhergesehene Probleme auf, die einer Lösung bedürfen, aber zum Glück gibt es die Gelben Seiten. Blöderweise lassen sich nicht alle Schwierigkeiten mit der Lektüre des Branchenbuchs beheben, ich denke da zum Beispiel an die Wiederherstellung meines einst so vortrefflichen Rufs, meines guten Namens, mit dem ich praktisch überall auf Stralau umsonst essen und trinken konnte. Wie oft hörte ich nach der Verkostung erlesenster Spezialitäten die Worte ‚Herr Pagellantopoulos, das geht selbstverständlich aufs Haus!’? Unzählige Male! Photos wurden von mir gemacht, die dann an den Wänden aufgehängt wurden, um mit meinem Konterfei für die jeweilige Lokalität zu werben. Ich werde mich nur schwer wieder daran gewöhnen können, selbst zu zahlen. Wer nie einen Namen hatte, kann meinen Schmerz nicht nachempfinden. Abschließend möchte ich meinen treuen Fans zurufen: ‚Ich liebe Euch!’ Und an meine Feinde, die sich meine Vernichtung auf ihre Fahnen geschrieben haben, will ich die Worte richten: ‚Wir sehen uns in der Hölle!’, es sei denn, Pfarrer Schlupfhahn legt ein gutes Wort für mich ein. Damit beende ich meine erste kurze Stellungnahme.“
2 Comments:
Zitat von ZDF-Chefredateur Nikolaus Brender: "Wir haben einen Fernsehvertrag über eine Sportveranstaltung und nicht über eine Pharma-Leistungsschau abgeschlossen".
Meine Meinung ist:
Wenn denn der verdiente Tractoristi-Mittelfeldläufer Pagellantopoulos tatsächlich gedopt haben sollte, dann doch nur zur Steigerung seiner halluzinatorisch heranströmenden Phantasmagorien, die er immer wieder durch seine großartigen literarischen Bearbeitungen zu Texten exorbitanter Lesbarkeit ausmünzt. Der Unterhaltungswert dieser leichtconsummerablen Literatur schreit geradezu nach einer Verfilmung!
Meiner Ansicht nach ist sein Verhalten allerdings völlig legitim. Was er auf dem Fußballplatz wie leistet, geht mich nichts an, da ich leider wegen des Dauerföhns hier am Fuße der Alpen den Berliner Sender des ZDF nicht hereinbekomme. Aber anscheinend ist er einer der besten Spieler in diesem merkwürdigen Verein, ob mit oder ohne drehende Substanz, die in den austrainierten Adern seiner edlen SpielerInnenbeinen pocht. Ich schlage vor, dem Rat des Pagellantopoulos nachzukommen, und Ihn einfach ethnobotanisch-pharmaceutisch zu testen. Dann wissen wir mehr und können dann gleich einen neuen Skandal auf den Tisch zimmern, falls er eine noch unentdeckte natürliche Substanz einsetzen sollte, was ich persönlich allerdings nicht glaube, denn sein ungeheuer unbescholtener Leumund hat sich schon bis hierher an die Ufer der Isar ausgebreitet.
Beste Grüße zu den Saupreißen sendet
ein anonym bleibender Münchner im Siebenten Himmel schwebend über der Theresienwies'n, freudetrunken in den Armen einer bronzenen, löwenpelztragenden Bavaria liegend. Ein wahres Prachtsbronzenweib, das vom Scheitel bis zur Sohle deutlich mehr als 28 Meter misst.
Da könnte Ihr Euch Eure aufgeblasene Goldelse, die da über dem Benzingestank am Großen Stern kauert, sonstwohin applizieren!
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