Et maintenant quelque chose complétement differente:
Statt Stralau-Sport-Berichten unter der Woche gibts Hystoriae auf die Augen
Was die serbo-afghanische Urgroßmutter von Stanley St. am Lagerfeuer alles erzählt
Also bloß, falls Ihr es noch nicht mitgekriegt habt, die Stralauer WochenendfußballerInen bewegen sich auf historisch durch und durch gesättigtem Boden. Im Umkreis der Spielfläche des Stadions, in dem sämtliche Stralauer Spieltage seit dem Samstag am 8. April 2005 fast durchweg stattfinden [davor spielte die Societät bekanntlich im Treptower Park, hiervon mehr ein andermal, Anm. d. UebersaezzerIn], befand sich vor wenigen Jahren (noch) ein aus dem späten 19. Jhdt. stammender Industriebau, der später von jenem VEB Kombinat genutzt wurde, das republikweit Datschenäckerbaugeräte für die GenossInnen und Genossen Hobby- u. a. -GärtnerInnen des Arbeiter-und-Bauern-Staates herstellte.
Einst wurde beobachtet, wie Monsignore Stiasniny-Phillip im späten 20. Jhdt. dort in den Ruinen herumstromerte, um als historisch interessierter Philologe alte Akten des VEB Kombinates Gartengeräte-Bau durchzustöbern. Auch traf man in dem abbruchreifen Gebäude auf die Überreste eines heidnischen Kultes, in dessen zeremoniellem Umfeld ein leicht chimärisch anmutender Gott verehrt wurde, dessen Oberkörper ähnlich einem Elephanten geformt war. Es kann sich da latürnich auch um die Überreste der Deko einer Techno-Party gehandelt haben, welche auf illegale Weise in den heiligen Hallen des Gartenbau-Geräte-Kombinates veranstaltet wurde. Oder war das eher Goa oder gar eine Trance-Musik-Orgie? Schade jedenfalls, dass keine photochemisch überspülten Papiere von diesen archäologischen Pirschgängen überliefert sind. So verschwindet manches im Orkus des Vergessens - selbst schon in Sachen Individual-Geschichte.
Aber nicht genug der historischen Spuren: Im Jahre 1996 fanden Ausgrabungen auf dem Gelände der späteren Halbinsel-Stralau-Karl-Marx-Gedächtnis-Kunstrasenarena und dem unmittelbar angrenzenden Landstück statt. Es wurde ein Grundriss, sowie v. a. Scherben und diverse Werkzeuge aus der Zeit zwischen 12. und 14. Jhdt. gefunden [zu einer genaueren Beschreibung der überwiegend im späten 19. Jhdt. entdeckten, z. T. wirklich erstaunlichen archäologischen Fragmente von anderer, evtl. berufener Warte mehr, Anm. d. UebersaezzerIn]. An der Stelle (oder unmittelbar angrenzend), auf der im Herbst 2004 die Karl-Marx-Gedächtnis-Arena feierlich eingeweiht wurde, befand sich während dieser Zeit ein befestigter Hof, der von irgendeinem märkischen Rittergeschlecht behaust wurde. Weiter gen Insellandspitze, etwa an der Stelle, an der noch vor wenigen Jahren der sogenannte Pocket-Park zu finden war, war ungefähr zur selben Zeitspanne eine burgähnliche Befestigung auszumachen, die einen Hof beherbergte, der an dieser geo-strategisch günstigen Stelle den Lauf der Unterspree kontrollierte. Stralau war zu diesem Zeitpunkt übrigens eine Vollinsel im Spreestrom, da der S-Bahndamm zwischen den Stationen "Ostkreuz" und "Treptower Park" (mutmaßlich) erst im 19. Jhdt. aufgeschüttet wurde [so ist die sonannte Rummelsburger Bucht nichts anderes als ein künstlich versandeter, alter Spreearm, Anm. d. Uebersaezzers]. Diese und andere Funde weisen darauf hin, dass das Gelände der heutigen Halbinsel Stralau bereits in frühgeschichtlicher, dann in germanischer und anschließend in der Zeit der wendischen Besiedlungsgeschichte der Region v. a. von FischerInnen-Sippen behaust wurde.
Die Etymologie des Ortsnamens leitet sich aus dieser Zeit her: Wahrscheinlich stammt er von "Strala" oder "Strela", was im wendischen Idiom Pfeil- oder Speerspitze bedeutete. Dies wiederum weist u. U. vielleicht darauf hin, dass zu dieser Zeit nicht mit Netzen, sondern recht sportlich mit Wurfgeräten Jagd auf die Fischbestände gemacht wurde (das Wasser der Spree muss folglich sichtlich transparenter gewesen sein). Hier lässt sich eine Tradition zu dem praktizierten Wochenendfußball unserer Zeit aufspüren, wenn die HeldInnen des Stralauer Wochenendfußballs auch (noch) nicht auf Flussbewohner, sondern auf den Fang eines ordinär dahergeflogen kommenden, straußeneigroßen Kunstlederei aus sind [zumindest latürnich die T-Hüt(t)erInnen, Anm. d. Uebersaezzers].
Bereits im Jahre 1244 wurde ein potentieller Vorfahr der heutigen Bewohner urkundlich erwähnt. Es war dies ein sogenannter Ritter von Stralow, der allerdings nicht unmittelbar mit der Spreestrominsel in Zusammenhang gebracht werden kann, weil aus der Urkunde keine Ortsangaben hervorgehen. Einige Jahre später, um genau zu sein 1261, tauchte dann ein Ritter Rudolph von Ystralowe auf, der dürfte mutmaßlich unmittelbar mit dem befestigten Gehöft auf der Inselspitze oder gar mit selbem auf dem Gelände des heutigen Kunstrasen-Stadions zusammenhängen. Soviel für heute von Stanley St.s serbo-afghanischer Ur-Großmutter und ihrem weißwein-rumpunsch-beseelten Erzähldrang. Sie ist jetzt eben erschöpft neben dem flackernden Lagerfeuer eingenickt, das Ihre müden Glieder wärmen wird. Sie wird sicher an einem der zukünftigen Abende wieder berauscht von den Wirkungen des besagten Punsches von der Historie fabulieren.
Achja, die Uroma hat natürlich als historisch interessierte Person auch intensive Quellenstudien u. Publikationslektüre betrieben. Im ersten Kommentarfeld folgt eine kleine Literaturliste. (stst)
Was die serbo-afghanische Urgroßmutter von Stanley St. am Lagerfeuer alles erzählt
Also bloß, falls Ihr es noch nicht mitgekriegt habt, die Stralauer WochenendfußballerInen bewegen sich auf historisch durch und durch gesättigtem Boden. Im Umkreis der Spielfläche des Stadions, in dem sämtliche Stralauer Spieltage seit dem Samstag am 8. April 2005 fast durchweg stattfinden [davor spielte die Societät bekanntlich im Treptower Park, hiervon mehr ein andermal, Anm. d. UebersaezzerIn], befand sich vor wenigen Jahren (noch) ein aus dem späten 19. Jhdt. stammender Industriebau, der später von jenem VEB Kombinat genutzt wurde, das republikweit Datschenäckerbaugeräte für die GenossInnen und Genossen Hobby- u. a. -GärtnerInnen des Arbeiter-und-Bauern-Staates herstellte.
Einst wurde beobachtet, wie Monsignore Stiasniny-Phillip im späten 20. Jhdt. dort in den Ruinen herumstromerte, um als historisch interessierter Philologe alte Akten des VEB Kombinates Gartengeräte-Bau durchzustöbern. Auch traf man in dem abbruchreifen Gebäude auf die Überreste eines heidnischen Kultes, in dessen zeremoniellem Umfeld ein leicht chimärisch anmutender Gott verehrt wurde, dessen Oberkörper ähnlich einem Elephanten geformt war. Es kann sich da latürnich auch um die Überreste der Deko einer Techno-Party gehandelt haben, welche auf illegale Weise in den heiligen Hallen des Gartenbau-Geräte-Kombinates veranstaltet wurde. Oder war das eher Goa oder gar eine Trance-Musik-Orgie? Schade jedenfalls, dass keine photochemisch überspülten Papiere von diesen archäologischen Pirschgängen überliefert sind. So verschwindet manches im Orkus des Vergessens - selbst schon in Sachen Individual-Geschichte.
Aber nicht genug der historischen Spuren: Im Jahre 1996 fanden Ausgrabungen auf dem Gelände der späteren Halbinsel-Stralau-Karl-Marx-Gedächtnis-Kunstrasenarena und dem unmittelbar angrenzenden Landstück statt. Es wurde ein Grundriss, sowie v. a. Scherben und diverse Werkzeuge aus der Zeit zwischen 12. und 14. Jhdt. gefunden [zu einer genaueren Beschreibung der überwiegend im späten 19. Jhdt. entdeckten, z. T. wirklich erstaunlichen archäologischen Fragmente von anderer, evtl. berufener Warte mehr, Anm. d. UebersaezzerIn]. An der Stelle (oder unmittelbar angrenzend), auf der im Herbst 2004 die Karl-Marx-Gedächtnis-Arena feierlich eingeweiht wurde, befand sich während dieser Zeit ein befestigter Hof, der von irgendeinem märkischen Rittergeschlecht behaust wurde. Weiter gen Insellandspitze, etwa an der Stelle, an der noch vor wenigen Jahren der sogenannte Pocket-Park zu finden war, war ungefähr zur selben Zeitspanne eine burgähnliche Befestigung auszumachen, die einen Hof beherbergte, der an dieser geo-strategisch günstigen Stelle den Lauf der Unterspree kontrollierte. Stralau war zu diesem Zeitpunkt übrigens eine Vollinsel im Spreestrom, da der S-Bahndamm zwischen den Stationen "Ostkreuz" und "Treptower Park" (mutmaßlich) erst im 19. Jhdt. aufgeschüttet wurde [so ist die sonannte Rummelsburger Bucht nichts anderes als ein künstlich versandeter, alter Spreearm, Anm. d. Uebersaezzers]. Diese und andere Funde weisen darauf hin, dass das Gelände der heutigen Halbinsel Stralau bereits in frühgeschichtlicher, dann in germanischer und anschließend in der Zeit der wendischen Besiedlungsgeschichte der Region v. a. von FischerInnen-Sippen behaust wurde.
Die Etymologie des Ortsnamens leitet sich aus dieser Zeit her: Wahrscheinlich stammt er von "Strala" oder "Strela", was im wendischen Idiom Pfeil- oder Speerspitze bedeutete. Dies wiederum weist u. U. vielleicht darauf hin, dass zu dieser Zeit nicht mit Netzen, sondern recht sportlich mit Wurfgeräten Jagd auf die Fischbestände gemacht wurde (das Wasser der Spree muss folglich sichtlich transparenter gewesen sein). Hier lässt sich eine Tradition zu dem praktizierten Wochenendfußball unserer Zeit aufspüren, wenn die HeldInnen des Stralauer Wochenendfußballs auch (noch) nicht auf Flussbewohner, sondern auf den Fang eines ordinär dahergeflogen kommenden, straußeneigroßen Kunstlederei aus sind [zumindest latürnich die T-Hüt(t)erInnen, Anm. d. Uebersaezzers].
Bereits im Jahre 1244 wurde ein potentieller Vorfahr der heutigen Bewohner urkundlich erwähnt. Es war dies ein sogenannter Ritter von Stralow, der allerdings nicht unmittelbar mit der Spreestrominsel in Zusammenhang gebracht werden kann, weil aus der Urkunde keine Ortsangaben hervorgehen. Einige Jahre später, um genau zu sein 1261, tauchte dann ein Ritter Rudolph von Ystralowe auf, der dürfte mutmaßlich unmittelbar mit dem befestigten Gehöft auf der Inselspitze oder gar mit selbem auf dem Gelände des heutigen Kunstrasen-Stadions zusammenhängen. Soviel für heute von Stanley St.s serbo-afghanischer Ur-Großmutter und ihrem weißwein-rumpunsch-beseelten Erzähldrang. Sie ist jetzt eben erschöpft neben dem flackernden Lagerfeuer eingenickt, das Ihre müden Glieder wärmen wird. Sie wird sicher an einem der zukünftigen Abende wieder berauscht von den Wirkungen des besagten Punsches von der Historie fabulieren.
Achja, die Uroma hat natürlich als historisch interessierte Person auch intensive Quellenstudien u. Publikationslektüre betrieben. Im ersten Kommentarfeld folgt eine kleine Literaturliste. (stst)
3 Comments:
Die kleine L i t e r a t u r l i s t e (und natürlich Frohe Ostern an alle Stralauer und findet bitte viele schöne antike Ostereier!)
http://www.diegeschichteberlins.de
ABRAMOWSKI, Wanja: Siedlungsgeschichte des Bezirks Friedrichshain von
Berlin bis 1920, Heimatmuseum Friedrichshain, Berlin, 2000.
HEILMANN, Otto: Stralau und seine Geschichte, in: MVGB 46, 1929, H. 3, S.
73-101.
VOIGT, Christoph: Stralau und seine Geschichte, in: MVGB 47, 1930, H. 1,
S. 37-38.
Und dann ist da noch eine ca. 1998 publizierte, thematisch-geschichtlich bewusstsevozierende Broschüre der sogenannten Rummelsburg-Stralauer "Wasserstadt GmbH" hervorzuheben, die mit schönen historischen Abbildungen aufwarten konnte, leider ist das Werk bei einem der vielen Berliner Umzüge von der ehemaligen MitbewohnerIn illegal (oder aus Versehen) konfisziert worden.
Liebe LeserInnenschaft,
weitere Hinweise zur Stralauer Geschichte gibt es unter http://www.stralau.de/ unter der Rubrik "Historie". Genosse Stephanus Schmauderisiensis hat schon sehr viel zusammen getragen. Auf jener Seite besticht jedoch insbesondere die Aufmachung, die sicher zusätzlich zu dem bereits Dank Stephan bereit gestellten Wissen interessant sein könnte.
Es grüßt
Andi.
Werther Archivarius,
hab Dank für Deine Skizzierung der Stralauer Historie!
Pagellantopoulos-Ioannis grüßt aus Hellas
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